Das kostenlos mitreisende Kleinkind – und der Ausgleichsanspruch wegen Flugverspätung
Bei Flugverspätungen besteht für kostenlos mitreisende Kleinkinder kein Ausgleichsanspruch.
In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall begehrte ein – zum Flugzeitpunkt einjähriges – Kind von der Fluggesellschaft eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250 € wegen eines verspäteten Fluges nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Fluggastrechteverordnung. Das Kleinkind nahm mit seinen Eltern an einer Pauschalreise nach Mallorca teil. Die Flugbeförderung erfolgte durch das beklagte Luftverkehrsunternehmen. Es räumte dem Reiseveranstalter in der Flugbuchungsbestätigung eine „100% Kinderermäßigung bis 1 Jahr“ ein. Der Rückflug von Palma de Mallorca nach München wurde mit einer Verspätung von 6 Stunden und 20 Minuten durchgeführt.
Die Klage ist in den Vorinstanzen vor dem Amtsgericht Rüsselsheim und dem Landgericht Darmstadt erfolglos geblieben1. Das Landgericht Darmstadt hatte angenommen, dass die Fluggastrechteverordnung gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 1 auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finde, weil das Kind kostenlos gereist sei. Der Bundesgerichtshof bestätigte nun das Berufungsurteil:
Abs. 3 Satz 1 der Fluggastrechteverordnung nimmt sämtliche Fluggäste, die kostenlos reisen; vom Anwendungsbereich der Verordnung aus. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein „Nulltarif“ für die Öffentlichkeit verfügbar ist. Weder Wortlaut noch Entstehungsgeschichte der Vorschrift noch ihr Sinn und Zweck rechtfertigen die Annahme, der Ausschlusstatbestand der „kostenlos reisenden Fluggäste“ betreffe lediglich den Sonderfall eines für die Öffentlichkeit nicht verfügbaren Tarifs, bei dem der Flugpreis auf Null reduziert ist. Da Zweifel an der Auslegung der entscheidungserheblichen Bestimmungen der Verordnung für den Bundesgerichtshof nicht bestehen, sah er auch keine Veranlassung für ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. März 2015 – – X ZR 35/14
- AG Rüsselsheim, Urteil vom 30.04.2013 – 3 C 3161/12 (32); LG Darmstadt, Urteil vom 19.02.2014 – 7 S 99/13↩