Aufklärungspflichten bei der Hotelbuchung – Pass- und Visapflichten
Reiserecht (§§ 651a bis 651m BGB) ist auf einen Vertrag, der allein eine Hotelbuchung betrifft, entsprechend anzuwenden, wenn der Veranstalter diese Leistung in eigener Verantwortung und mit gleichen oder ähnlichen Organisationspflichten wie bei einer Reise erbringen soll, zu der eine weitere Reiseleistung gehört. Soweit der Reisende über Pass- und Visumerfordernisse zu informieren ist, betrifft dies die Anforderungen, die sich aus den aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen am Reiseziel sowie bei Transitaufenthalten ergeben. Zur geschuldeten Information gehören nicht Umstände, die die Gültigkeit des eigenen Reisepasses betreffen.
So hat der Bundesgerichtshof im hier entschiedenen Fall die für einen Reisevertrag geltenden Vorschriften der §§ 651a bis 651m BGB entsprechend angewendet, auch wenn die Beklagte der Klägerin und ihrem Ehemann mit der Unterkunft in einem Hotel in New York nur eine einzige Reiseleistung schuldete.
Eine unmittelbare Anwendung der §§ 651a ff. BGB scheidet damit zwar wegen des Fehlens einer Gesamtheit von mehreren Reiseleistungen aus. Wegen einer erkennbar planwidrigen Lücke im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz über den Reiseveranstaltungsvertrag vom 04.05.19791 sind die §§ 651a ff. BGB gleichwohl auf einen Vertrag entsprechend anzuwenden, der nur die Buchung einer Ferienunterkunft bei einem Reiseveranstalter zum Gegenstand hat, wenn der Veranstalter diese Leistung erkennbar in eigener Verantwortung erbringen soll und aus der Sicht eines durchschnittlichen Reisekunden sowie nach dem ihm unterbreiteten Angebot diese einzelne Reiseleistung mit gleichen oder ähnlichen Organisationspflichten wie bei einer Reise erbracht werden soll, bei der neben der Ferienunterkunft noch eine zweite Leistung wie zum Beispiel der Transport zum Reiseziel vereinbart worden ist2.
Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte die Hotelunterkunft in New York als eine eigene Leistung angeboten, die sich in ihr Gesamtangebot für Reiseleistungen verschiedener Art einfügt und genauso gut auch in Kombination mit einer zweiten Leistung bei ihr hätte gebucht werden können. Der Vertrag unterliegt damit der entsprechenden Anwendung der §§ 651a ff. BGB.
Ob die Beklagte die Klägerin über die für sie geltenden Pass- und Visumerfordernisse für eine Einreise in die USA informieren musste, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn es beruht nicht auf einer fehlenden, von der Beklagten geschuldeten Information, dass die Klägerin nicht in die USA einreisen konnte.
Die den Reiseveranstalter treffenden Informationspflichten sollen den Reisekunden auf Umstände hinweisen, die ihm möglicherweise unbekannt sind, weil der Reisende mit der Reise auch und gerade unbekanntes Terrain erkunden möchte. Der Reiseveranstalter hat die hierfür erforderliche Organisation übernommen und somit ein Informationsgefälle gegenüber dem Reisenden auszugleichen. Mit den reiserechtlichen Informationspflichten soll der Reisekunde deshalb vornehmlich über Umstände informiert werden, die ihm unbekannte Gegebenheiten am Reiseziel sowie den Transport dorthin betreffen und für das Gelingen der Reise erforderlich sind. Hierzu gehören auch die aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen, ohne deren Beachtung der Reisende das Reiseziel nicht betreten darf. Demnach bezieht sich die Pflicht zur Information über Pass- und Visumerfordernisse nur auf solche Erfordernisse, die sich aus dem Reise- oder Transitland ergeben, das der Reisende betreten möchte.
Nach dem unbestrittenen und von der Revision hervorgehobenen Vortrag der Beklagten genügte für die Einreise der Klägerin in die USA als Italienerin ein Reisepass und eine im ESTA-Verfahren beantragte Befreiung von der Beantragung eines Visums. Weitere Informationen musste die Beklagte der Klägerin nicht geben. Dass eine Prüfung seitens der Grenzbehörden der USA vorbehalten blieb, war eine Information, die für den Streitfall keine Bedeutung hatte.
Entgegen den Ausführungen im Berufungsurteil musste die Beklagte weder darüber informieren, dass Inhaber von italienischen Reisepässen sich über dessen mitunter nur beschränkte Gültigkeit irren können, noch welche Maßnahmen in diesen Fällen zu ergreifen sind, um einen weltweit gültigen italienischen Reisepass zu erhalten. Dass ein Reisepass für die Einreise gültig sein muss, ist eine Selbstverständlichkeit, die keines Hinweises an den Reisenden bedarf.
Ob ein Reisepass gültig ist, ergibt sich aus den passrechtlichen Bestimmungen des Staates, dem der Reisende angehört. Irrtümer und mangelnde Kenntnisse über die Gültigkeit des Reisepasses ergeben sich deshalb nicht aus einer Unkenntnis über die Reise, das Reiseziel oder über die Bestimmungen der Transitländer. Die Gültigkeit des eigenen Reisepasses ist eine eigene rechtliche Angelegenheit des Reisenden, die keinen Bezug zu den aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen des Reiseziels oder eines Transitlandes aufweist. Hierüber muss der Reiseveranstalter sich daher weder selbst noch den Reisenden informieren. Insofern macht es für den Reisenden keinen Unterschied, zu prüfen, ob die Gültigkeit seines Reisepass nicht schon abgelaufen ist oder nur für eine beschränkte Anzahl von Ländern gültig ist. Wenn ein weltweit unbeschränkt gültiger italienischer Reisepass nur nach Zahlung eines weiteren Betrages an die ausstellende Behörde erhältlich ist, wie es von der Beklagten als ein Grund für die Nichtbeförderung der Klägerin unbestritten vorgetragen wurde und die Revision geltend gemacht hat, obliegt es deshalb auch insoweit dem Reisenden in eigener Verantwortung dafür Sorge zu tragen. Da es sich dabei nicht um einen Umstand handelt, der sich aus den aufenthaltsrechtlichen oder anderen Gegebenheiten am Reiseziel oder eines Transitlandes ergibt, schuldet die Beklagte als Reiseveranstalter insoweit keine Überwachung.
Im vorliegenden Fall hätten demnach eine der Klägerin gegebene Information, dass sie für eine Einreise in die USA einen Reisepass und eine ESTA-Genehmigung benötige, zu keinem anderen Kausalverlauf geführt, denn die Klägerin ist mit ihrem Reisepass zur Anreise am Flughafen erschienen, nachdem sie eine ESTA-Genehmigung erhalten hatte.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Mai 2014 – X ZR 134/13