Der verpasste vorverlegte Rückflug
Auch bei einem vorverlegten Rückflug besteht kein Anspruch auf Ersatz von Rückflugkosten ohne eine nachvollziehbare Darlegung der Hinderungsgründe des verpassten Boardings.
In dem hier vom Amtsgericht München entschiedenen Fall buchte der klagende Urlauber für sich, seine Ehefrau und seine beiden sieben und 18 Monate alten Kinder eine Pauschalreise nach Antalya in der Zeit vom 26.09.2022 bis 05.10.2022 zum Preis von 1.664,00 €. Der Rückflug war am 05.10.2022 für 23.20 Uhr ab Antalya geplant, wurde jedoch zunächst auf 23:55 Uhr verschoben. Hierüber wurde der Urlauber per E-Mail am Vorabend informiert. Der Check-Out im Hotel war für 12:00 Uhr vorgesehen. Nach den Ausführungen des Urlaubers sei ursprünglich geplant gewesen, den Tag mit der Familie seines Bruders, der in einem anderen Hotel in Antalya wohnte, in Antalya zu verbringen. Um die Reisedokumente und Pässe nicht den ganzen Tag herumtragen zu müssen, seien diese im Hotelsafe im Hotel des Bruders aufbewahrt worden. Beim Auschecken an der Hotelrezeption um 12:00 Uhr sei dem Urlauber dann von der Rezeption mitgeteilt worden, dass die Familie auf einen anderen Flug umgebucht worden sei, der bereits um 19:50 Uhr stattfinde und dass der Shuttle-Bus um 16:35 Uhr am Hotel des Urlaubers abfahre. Nachdem der Reiseveranstalter die Änderung nach Zweifeln des Urlaubers an der Richtigkeit der Vorverlegung des Fluges schließlich bestätigte, sei aus Sicht des Urlaubers alles versucht worden, um den Flug noch zu erreichen. Gegen 13:00 Uhr habe sich der Urlauber mit dessen Familie auf den Weg zu einem Markt in Antalya gemacht, um dort die Familie des Bruders zu treffen und von diesem den Hotelschlüssel zu erhalten, um die im Hotel des Bruders aufbewahrten Reiseunterlagen zu holen. Gegen 15:00 Uhr sei die Familie des Bruders auf dem Marktplatz angetroffen worden und der Urlauber habe dessen Hotelschlüssel ausgehändigt bekommen. Sodann hätten noch Nahrungsmittel für die beiden Kinder gekauft und die Kinder gefüttert und gewickelt werden müssen. Als man mitsamt den Kindern schließlich um 17:15 Uhr wieder an dem Hotel des Urlaubers angelangte, war der Shuttlebus bereits abgefahren. Die Familie des Urlaubers sei daraufhin gegen 17:45 Uhr mit einem Taxi losgefahren, um am Hotel der Familie des Bruders noch die Reiseunterlagen abzuholen. Obwohl der Taxifahrer mit „Vollgas“ zum Flughafen gefahren sei, sei man erst gegen 19:00 Uhr am Terminal angekommen. Da das Boarding bereits abgeschlossen gewesen sei, habe der Urlauber für sich und seine Familie schließlich Ersatztickets für den Rückflug bei einer anderen Fluggesellschaft für denselben Abend für 600 Euro erworben.
Mit seiner Klage forderte der Urlauber Ersatz der Kosten für die Rückflugtickets sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten. Er geht davon aus, dass die Reiseveranstalterin ihn nicht ordnungsgemäß über die erneute Änderung informiert habe und er diese rein zufällig beim Auschecken erfahren habe. Aufgrund der zwei kleinen Kinder und den im anderen Hotel aufbewahrten Unterlagen sei es dann nicht mehr zumutbar möglich gewesen, den Shuttle-Bus zu erreichen. Das Amtsgericht München wies die Klage weitestgehend ab und sprach dem Urlauber lediglich einen Anspruch auf Minderung in Höhe von 83,20 € aufgrund der Verkürzung der Reise durch die Vorverlegung des Rückflugs von ursprünglich 23:20 Uhr auf 19:50 Uhr sowie darauf entfallene vorgerichtliche Anwaltskosten von 90,96 € zu:
Für das Amtsgericht war nicht nachvollziehen, wieso es nicht möglich war, die Reiseunterlagen aus dem Hotel des Bruders auf andere Weise zu besorgen. Es sei dem Urlauber möglich und zumutbar gewesen, nach Mitteilung der Vorverlegung bis zur Abfahrt des Shuttles um 16:35 Uhr alles Notwendige zu organisieren. Stattdessen enthält dagegen die Darlegung des Urlaubers zum Zeitablauf von Checkout im Hotel bis zur verspäteten Rückkehr zum Hotel diverse Elemente, die mit Schadensminderungspflichtüberlegungen nicht in Einklang zu bringen bzw. weiterhin unsubstantiiert sind. So ist die Schilderung des gesamten Zeitraums von (ca.) 12 Uhr bis 15 Uhr, also dem letztlichen Zusammentreffen mit der „restlichen Familie“ geprägt von Unklarheiten und Andeutungen, nicht aber von der gradlinigen Darstellung eines Versuchs, die Reisepapiere zu erlangen.
Amtsgericht München, Urteil vom 30. Januar 2024 – 172 C 14078/23